Fraunhofer UMSICHT Tage

Die meisten technischen Produkte werden in Form von Schuppen, Blöcken, Granulaten oder Pulvern hergestellt. Durch diese Darreichungsform ergeben sich verschiedene Nachteile: Schuppen lassen sich oft schlecht dosieren, Blöcke müssen vor der Anwendung aufgeschmolzen werden, Granulate und Pulver sind selten staubfrei, und es besteht die Gefahr der Staubexplosion.
Insbesondere die Herstellung von Granulaten und Pulvern wird oft mit Sprühtrocknern durchgeführt, die erhebliche Mengen an Energie benötigen und nur sehr breit verteilte Korngrößen produzieren. Viele Materialien sind für die Anwendung in Sprühtrocknern nicht geeignet und müssen anderweitig verarbeitet werden.
Das BRACE-Mikrokugelverfahren
Als Alternative dazu kann das BRACE-Verfahren angewendet werden. Dabei können die unterschiedlichsten Materialien verarbeitet werden, z.B. Schmelzen, Suspensionen, Dispersionen, Emulsionen etc. Es werden als Produkt Mikrokugeln im Durchmesserbereich von 50–4000 µm hergestellt. Die Kugeln besitzen eine monomodale Kornverteilung mit maximalen Abweichungen – je nach Prozessparametern – von unter 5 bzw. 10%. Dabei ist keine besondere chemische Umformung des Materials nötig, es werden somit auch keine chemischen Eigenschaften geändert.
Grundlagen des BRACE-Verfahrens
Das BRACE-Mikrokugelverfahren beruht auf einem laminaren Strahlzerfall.

Wenn man durch eine Düse eine Flüssigkeit mit Hilfe der Schwerkraft hindurchfließen lässt, so entstehen Tropfen, deren Durchmesser von Dichte, Schwerkraft und Oberflächenspannung der Flüssigkeit bestimmt werden (Abb.1). Das Abtropfen von einer ebenen Fläche und vollkommener Benetzung erzeugt Tropfen der Größe:

Der maximal mögliche statische Druck im hängenden Halbkugeltropfen ergibt sich zu

und der dynamische Druck infolge der Fließgeschwindigkeit v:

Das Abtropfen geht also in eine Strahlbildung über (Abb. 2), wenn der dynamische Druck größer als der statische Druck wird, also wenn pdyn>pstat.

Die kritische Strömungsgeschwindigkeit vkrit, dieüberschritten werden muss, folgt somit als

Überschreitet ein Flüssigkeitsstrahl die kritische Geschwindigkeit vkrit, das Abtropfen geht also in die Strahlbildung über, so will die Oberflächenspannung den Flüssigkeitsfaden zusammenziehen. Die Folge ist eine Instabilität mit der minimalen Wellenlänge().

Diese Instabilität führt zu dem Zerreißen des Flüssigkeitsstrahls und zur Bildung von Fadenzylindern, die sich wiederum durch die Oberflächenspannung in Tropfen umformen. Setzt man eine Volumengleichheit von Fadenzylinder und Tropfen voraus, so erhält man einen Tropfendurchmesser von

Die Tropfenbildungsfrequenz folgt aus der Wellengleichung zu

Voraussetzung hierfür ist, dass die Strömung laminar ist und im Zertropfungsbereich im Ohnsorge-Reynolds-Diagramm liegt.

Bei der Strahleinschnürung enstehen häufig Satellitentropfen, deren Durchmesser etwa xS<=0,1xT ist. Der Mengenanteil ist mit 0,1-1% gering, die Oberfläche des Gesamtsprühs erhöht sich aber dadurch. Die verschiedenen Tropfen der unterschiedlichen Größen bedingen im Schwerefeld andere Fallgeschwindigkeiten, so dass die Tropfenabstände nicht mehr konstant sind und es zu Tropfkoaleszenz kommt (große und kleine Tropfen fließen ineinander, es kommt zu  „Nasenbildung“). Die Bildung wird maßgeblich durch die Oberflächenspannung der Flüssigkeit bestimmt.
Die Viskosität spielt theoretisch nur eine geringe Rolle (da ,), in der Praxis kann die Viskosität jedoch zwischen 10-3 und 104 liegen, womit Oh über sieben Größenordnungen laufen kann. Der Einfluss der Viskosität auf die Zerfallsgeschwindigkeit ist folgerichtig sehr hoch – viskosere Stoffe erzeugen eine längere Wellenlänge und somit größere Tropfen; diese bedingen, dass die Tropfengröße eines hochviskosen Stoffes bei gleichem Düsendurchmesser größer wird. Die maximale Viskosität ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich beim Zertropfen um eine laminare Strömung handelt. In der Praxis haben sich Obergrenzen (die keineswegs Absolutgrenzen darstellen) von 8000 mPas (2 P) bewährt.

Insbesondere die Probleme bei langen Wellenlängen der induzierten Schwingung und  die Satelliten lassen sich durch eine von außen eingebrachte Störung beheben. Es handelt sich bei dieser Störungum eine Schwingungsanregung der Düse in Flussrichtung desFlüssigkeitstrahls. Durch diese Anregung wird der Strahlzerfall begünstigt und insbesondere das Problem der Satellitentropfen lässt sich dadurch fast vollständig eliminieren.
Die Amplitude der Schwingung muss dabei nicht sonderlich groß sein; 2-10 µm sind in den meisten Fällen ausreichend.

Die prinzipielle Machbarkeit, einen laminaren Flüssigkeitsstrahl durch  Schwingungsanregung zu monodispersen Tropfen zu zerteilen, geht aus dem  Ohnsorge-Diagramm hervor. Die Grenzparameter für die Flüssigkeit sind dabei

3 Oh-0,96 < Reakt<300Oh-0,33

mit ,und(kinematische Zähigkeit). Es ergeben sich damit die minimale und maximale Frequenz

Die enstehende Tropfengröße entspricht

Durch geeignete Variation von v und f kann man die Tropfengröße einstellen. Das Zertropfen funktioniert nur im Definitionsbereich. Ab einer Reynoldszahl von 2300 geht der laminare Strom in einen turbulenten über, womit wieder ein Zersprühen entsteht.

Das patentierte BRACE-Mikrokugelverfahren verwendet das Prinzip des laminaren Strahlzerfalls zur Herstellung von sphärischen Granulaten mit engster, monomodaler Kornverteilung. Das Kernstück einer BRACE-Anlage besteht aus der Vertropfungseinheit (Abbildung 1). Diese ist aufgebaut aus einer optionalen Heizkammer 6 zur Temperierung (notwendig für schmelzbare Substanzen), einem Feedbehälter 3, einer  Druckregeleinheit 4 und einem Vibrator 2 nebst dazugehörigem Düsenkopf 5. Zur  Überwachung ist eine Stroboskoplampe 7 bzw. eine Kameraüberwachung 8 nötig. Die  erzeugten Tropfen werden in 9 gehärtet. Dies kann durch z.B. Kühlung, chemische Reaktion oder Trocknung geschehen.Die Gesamtanlage wird mit einem  Steuerschrank 1 gesteuert.

Die Vorbereitung des Feeds kann entweder von Hand erfolgen, wobei die Anlage nur batchweise gefahren werden kann. Es kann sich dabei sowohl um kleine Feeds handeln – der Feedbehälter 3 ist dann so groß wie benötigt – als auch um große Feeds. Der Feedbehälter 3 besitzt zwar im letzteren Falle auch nur 5-20 L Volumen, wird aber über eine Pumpe mit großen Feedtanks verbunden. So kann eine kontinuierliche Fahrweise (in Kombination mit einem Produktaustrag) realisiert werden. Grundsätzlich muss der Feed für das BRACE-Verfahren über einen Zeitraum von mehreren Stunden hinweg bzw. für die Dauer der Vertropfung stabil sein (z.B. darf es sich nicht um eine Mischung handeln, die nur unter Rühren stabil ist, sondern um eine echte Emulsion).

Die Feedflüssigkeit wird durch Druckluft/Inertgas dem Düsenkopf zugeführt. Dieser überträgt eine Vibration auf die Flüssigkeit, die sich dadurch in gleich große Zylinder zerteilt, die sich durch die Oberflächenspannung zu Kugeln verformen. Die Kugeln müssen in ihrer spärischen Gestalt verfestigt werden, da ansonsten durch den Lufwiderstand Tropfen entstehen. Dies wird durch eine  Härtungsstrecke realisiert.

Die Härtungsstrecke 9 kann im einfachsten Fall (z.B. bei der Vertropfung einer Schmelze) als Kühlturm oder Trockenturm realisiert werden. Dabei sind Höhe und Auslegung abhängig vom Durchmesser des Produktgranulates und von der Wärmekapazität. Die Produkte sollten einen möglichst genau definierten Schmelzpunkt haben, kleine Schmelzbereiche lassen sich tolerieren, solange keine Entmischung in dem Bereich stattfindet.
Es lassen sich die unterschiedliche Kühlungen realisieren wie z.B. über ein Kühlaggregat oder einen Stickstoffverdampfer.

Handelt es sich bei der zu vertropfenden Lösung nicht um eine Schmelze, sondern um eine Flüssigkeit, die durch chemische Reaktion gehärtet wird, so gibt es – abhängig von der chemischen Natur – verschiedene Möglichkeiten der Verfestigung. Ein Sol (z.B. Aluminium-, Titan-, Hafnium-, Zirkonium-, Siliziumhydroxid) kann zum Beispiel durch Begasung mit Ammoniak vor- und in einem Ammoniumchloridbad durchgehärtet werden.
Handelt es sich um eine Dispersion/Suspension, so kann man dieser einen temporären Binder hinzufügen. Dies kann z.B. Alginat, PVA, Chitosan,Sulfoxyethylcellulose o.ä.  sein, welche in z.B.Calciumchloridlösungen verfestigt werden.

Der Austrag aus demKühlturm/Trockenturm/der Härtungsflüssigkeit kann durch Vibrationsaustragsrinnen oder mit einem Pumpsystem erfolgen. Je nach Art der Anlage (Batch/Kontiunierlich) kann direkt ein Waschbandtrockner angeschlossen werden, der die Kugeln sofort wäscht und trocknet.

Das BRACE-Verfahren kann mit einer Vielzahl von Substanzen angewendet werden. So lassen sich praktisch alle Metalloxide mit einen schwerlöslichen Hydroxid verarbeiten wie z.B. Al2O3, TiO2, SiO2,ZrO2, HfO2, UO2.
Die Metalloxide lassen sich allerdings auch direkt verwenden, wenn sie als Pulver vorliegen. So lassen sich mit praktisch allen Pulvern Suspensionen herstellen, die mit einem temporären Binder gehärtet werden können. Beim Kalzinieren wird der temporäre Binder herausgebrannt. Es lassen sich also neben einer Vielzahl von Katalysatorträgern auch direkt Katalysatoren herstellen, die mit der aktiven Komponente bereits in der Feedsuspension angereichert wurden. Die Porosität der resultierenden Mikrokugeln is tabhängig von den Ausgangsmaterialien, von dem verwendeten Porenbildner und dem verwendeten Kalzinier-/Sinterprogramm.

Die Anwendungsbereiche der porösen Mikrokugeln liegen zum Beispiel bei den Katalysatorträgern oder bei Katalysatoren. Als Filtermateralien für Luftfilter in Kraftfahrzeugen oder in Industriefiltern als Abgasfilter können oxidischeTrägermaterialien wie z.B. Al2O3 mit Aktivkohle eingesetzt werden.

Kalzinierte Oxidkeramiken können als sinteraktives Pressfeed für high-tech-Keramik.

Oxidische Mikrokugeln aus z.B. SiO2 lassen sich aber auch bei Wasch- und Reinigungsmitteln anwenden für z.B.Zahnpasta. In die oxidischen Träger lassen sich hohe Anteile an Aromastoffen (10-40%) einbringen. Auch sind suspendierbare Farbstoffe problemlos anwendbar.

Die Anwendungsbereiche der porösen Mikrokugeln liegen zum Beispiel bei den Katalysatorträgern oder bei Katalysatoren. Als Filtermateralien für Luftfilter in Kraftfahrzeugen oder in Industriefiltern als Abgasfilter können oxidischeTrägermaterialien wie z.B. Al2O3 mit Aktivkohle eingesetzt werden.

Kalzinierte Oxidkeramiken können als sinteraktives Pressfeed für high-tech-Keramik.

Oxidische Mikrokugeln aus z.B. SiO2 lassen sich aber auch bei Wasch- und Reinigungsmitteln anwenden für z.B.Zahnpasta. In die oxidischen Träger lassen sich hohe Anteile an Aromastoffen (10-40%) einbringen. Auch sind suspendierbare Farbstoffe problemlos anwendbar.

Metalle lassen sich aus der Schmelze zu Mikrokugeln verformen. Metalllegierungen werden zum Beispiel für Ball-Grid-Arrays zu Mikrokugeln verformt. Für die Herstellung von Siliciumwafern für Solarzellen wird reines Silicium zu Kugeln verformt. Bei diesen Anwendungen werden oft die Kugeln noch nachsortiert, um extrem runde und gleichmäßige Kugeln zu erhalten.

Auch in der Pharmazie können BRACE-Mikrokugeln eingesetzt werden, mit oder  ohne Wirkstoff. Da die Kugelgröße den größten Effekt auf die Desorption des Wirkstoffes hat, bietet das BRACE-Mikrokugelverfahren die Möglichkeit, exakte Freisetzungsprofile zu definieren, die den Bedürfnissen der Patienten entsprechen.

In der Lebensmittelindustrie werden Aromen verkapselt, um das Aroma länger haltbar zu machen  und bestimmte Freisetzungseigenschaften zu
unterstützen.

In der Genussmittelindustrie werden z.B. Tabakwaren mit verkapselten Aromen mit BRACE-Mikrokugeln eingesetzt, um das Aroma des Tabaks länger zu konservieren und beim Abrauchen des Tabaks einen größeren Genuss entstehen zu lassen.

1. Abb. Teilweise aus: Schmidt, P. und Richter, Th., UniversitätGH-Essen, „Zerstäuben von Flüssigkeiten“, Seminarvortrag 1991

2. EP 0556222
3. EP 0585264
4. EP 0687246
5. DE 4125133C2
6. EP 0597911
7. EP 0735940
8. EP 067221

Go back